Prüfung Finanzanlagenvermittler – Teil 2

Die Prüfung der Finanzanlagenvermittler – Teil 2

Anlagevermittlung oder Anlagenberatung – Prüfungsansatz und Prüfungstechnik

Beitrag in „Die Steuerberatung“ 7/2016

Armin Heßler, Wirtschaftsprüfer Steuerberater, Frankfurt am Main

4         Anlagevermittlung oder Anlagenberatung

Nach § 1 Abs. 1 a Nrn. 1 und 1a KWG und § 2 Abs. 3 WpHG handelt es sich bei Anlagevermittlung und Anlageberatung um zwei unterschiedliche Tätigkeiten. Finanzanlagenvermittler dürfen beide Tätigkeiten ausführen, wenn sich diese auf offene und geschlossene Fonds sowie auf Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz beschränken. Die Pflichten der Finanzanlagenvermittler unterscheiden sich erheblich, je nachdem ob sie die Anlagevermittlung oder die Anlageberatung betreiben.

In der Praxis zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen beiden Tatbeständen Schwierigkeiten bereitet und bei den Beteiligten eine große Unsicherheit vorherrscht. Nachfolgend soll der Versuch unternommen werden, etwas Klarheit in die Abgrenzung der beiden Begriffe zu verschaffen. Zunächst die Legaldefinition aus § 2 Abs. 3 WpHG:

Wertpapierdienstleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind …

  1. die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten (Anlagevermittlung), …
  2. die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird (Anlageberatung).

Bereits am umfassenden Gesetzestext lässt sich ablesen, dass die Anlageberatung wesentlich anspruchsvoller ist. Sie bietet den Anlegern einen deutlich höheren Schutz als die bloße Anlagevermittlung. Die Rechtsprechung des BGH gegenüber der Vermittlungstätigkeit von Banken fällt entsprechend restriktiv aus. Sie geht tendenziell von Anlageberatung aus. Ob dies auch für Finanzanlagenvermittler gilt, darf bezweifelt werden. Anders als bei Banken wird ein Anleger einem Finanzanlagenvermittler nicht den gleichen Vertrauensvorschuss gewähren. Auch hat m.E. der Gesetzgeber durch die Wahl der Bezeichnung „Finanzanlagenvermittler“ deutlich gemacht, dass die Anlagevermittlung der Regelfall sein soll.

Häufig wird argumentiert, eine Vermittlung ohne Beratung kann es gar nicht geben. Dabei wird jedoch die gesetzliche Definition der Anlageberatung missachtet. Eine Anlageberatung liegt nicht bereits dann vor, wenn eine Produktberatung erfolgt. Vielmehr stellt der Tatbestand der Anlagevermittlung auf die Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers ab. Das Ergebnis der Prüfung führt zu einer persönlichen Empfehlung, die für den Anleger mit dessen Voraussetzungen und Bedürfnissen geeignet sein muss.

Bei der Anlagevermittlung wird hingegen vorausgesetzt, dass der Anleger weiß was er tut. Es muss lediglich geprüft werden, ob der Anleger die mit der Anlage verbundenen Risiken versteht (§ 16 Abs. 2 FinVermV). Einer Vermittlung innewohnend ist, den Kunden vom Produkt zu überzeugen. Einher mit der Anlagevermittlung geht also stets auch eine produktbezogene Beratung.

Abbildung 2: Unterschied zwischen Anlagevermittlung und Anlageberatung

Ob eine Anlagevermittlung oder eine Anlageberatung vorliegt, ergibt sich im Zweifel aus den Gesamtumständen des Einzelfalls. Der Unterschied besteht vor allem darin, dass bei der Anlagevermittlung der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund steht (Produktverkauf), während die Anlageberatung eine auf die persönlichen Verhältnisse des Anlegers zugeschnittene Beratung bietet (persönliche Beratung) und das jeweilige Geschäft für den Anleger als vorteilhaft und in seinem Interesse liegend darstellt.

Wenn Vermittler sich als Berater bezeichnen, laufen sie Gefahr, insoweit bei ihren Kunden auch für Beratungskompetenz Vertrauen in Anspruch zu nehmen. Maßgeblich ist dabei der Empfängerhorizont, das heißt, wie Kunden den Gesamtauftritt, Erklärungen und Arbeitsweise des Vermittlers verstehen.

Finanzanlagenvermittler sind gut beraten, ihr Auftreten gegenüber Kunden im Vorfeld gründlich zu klären. Wer als Anlageberater auftritt, muss im Zweifel für Beratung haften. Wer nur vermitteln will, aber sich wie ein Anlageberater verhält, muss sich auch als solchen behandeln lassen.

5         Prüfungsansatz und Prüfungstechnik

Mangels eigener Verlautbarungen seitens der Organisationen der Steuerberater ist es ratsam, den IDW Prüfungsstandard 840 als Grundlage für die Prüfung zu verwenden.

Ziel einer Prüfung nach -§ 24 FinVermV ist es nicht, die Ordnungsmäßigkeit des gesamten Geschäfts zu bestätigen. Vielmehr werden einzelne Vermittlungen herausgegriffen und anhand dieser beurteilt, ob Verstöße gegen die Pflichten des Finanzanlagenvermittlers vorliegen.

Es findet also eine stichprobenbezogene Prüfung statt. Wie groß die Stichprobe zu sein hat und wie die Auswahl zu erfolgen hat, richtet sich nach dem Ermessen des Prüfers. Im Zweifel ist IDW ES 310 heran zu ziehen. Weil dieser jedoch auf Jahresabschlussprüfungen abzielt, deren Ergebnis ein Bestätigungsvermerk ist, müssen hierbei Abstriche vorgenommen werden.

Viele Vermittler haben nur zehn oder gar weniger Vermittlungen abgeschlossen. Hier würde bereits bei der Auswahl von nur einer Vermittlung der Stichprobenumfang 10 % oder mehr betragen. Eine absolute Empfehlung für die Stichprobengröße ist nicht möglich. Sie hängt auch vom Einzelfall ab. Zeigt sich bei der ersten Durchsicht ein sorgfältiger Umgang mit den Pflichten der FinVermV, kann die Stichprobe kleiner ausfallen. Macht die Grundgesamtheit, aus der die Stichprobe auszuwählen ist, einen schlampigen Eindruck, könnte eine größere Quote zu prüfen sein.

Grundlage für die Prüfung sind die vertraglichen Unterlagen der Vermittlung, Protokolle und Datenerhebungen, vom Gewerbetreibenden für Informations- und Werbezwecke erstellten Unterlagen einschließlich der Website sowie von Dritten zur Verfügung gestellter Unterlagen.

5.1         Gegenstand, Ziel und Umfang der Prüfung

Aufgabe des Prüfers ist es, die Einhaltung der §§ 12 bis 23 FinVermV durch den Gewerbetreibenden zu prüfen. Er hat darüber zu berichten, ob er Verstöße des Gewerbetreibenden gegen die Vorschriften §§ 12 bis 23 FinVermV festgestellt hat. Dem Bericht sind angemessene Prüfungshandlungen zu Grunde zu legen.

Nach IDW – Auffassung (PS 840) dienen die vorzunehmenden Prüfungshandlungen weder der Erteilung eines Prüfungsurteils mit hinreichender Sicherheit noch einer Schlussfolgerung mit begrenzter Sicherheit über die Einhaltung der sich aus den §§ 12 bis 23 FinVermV ergebenden Verpflichtungen.

Dies bedeutet, dass ein Prüfbericht nicht zu bescheinigen hat, dass der Vermittler alle Pflichten sorgsam erfüllt hat. Vielmehr wird eine negative Formulierung vorgeschlagen. Werden im Rahmen der stichprobenweisen Prüfung keine Verstöße festgestellt, lautet die Bescheinigung entsprechend: „… wurden keine Verstöße festgestellt.“ (IDW 840, Anlage).

Damit sich die zuständige Aufsichtsbehörde ein ausreichendes und zutreffendes Bild über Art und Umfang der durchgeführten Prüfungshandlungen verschaffen kann, sind in dem Prüfungsbericht die durchgeführten Prüfungshandlungen hinsichtlich Art und Umfang und deren Ergebnisse ausreichend detailliert und verständlich darzustellen.

Es ist nicht Gegenstand der Prüfung, zu beurteilen, ob festgestellte Verstöße die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Frage stellen. Dies ist Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde.

Darauf folgt, nach Auffassung des IDW, dass die Feststellung von Verstößen nicht dazu führt, dass der Prüfer über die festgelegten Prüfungshandlungen hinaus zusätzliche Prüfungshandlungen durchzuführen hat.

Weiterhin ist nicht Gegenstand der Prüfung, betrügerische Handlungen wie z.B. Unterschlagungen, Fälschungen, Schneeballsystem o.Ä. aufzudecken. Gleichwohl sind die Prüfungshandlungen mit einer kritischen Grundhaltung zu planen und durchzuführen. Werden jedoch im Rahmen von Prüfungshandlungen solche Verstöße festgestellt, sind diese zu dokumentieren und in die Berichterstattung aufzunehmen.

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