Prüfung Finanzanlagenvermittler – Teil 3

Die Prüfung der Finanzanlagenvermittler – Teil 3

Die Prüfungspflichten im Einzelnen

Beitrag in „Die Steuerberatung“ 7/2016

Armin Heßler, Wirtschaftsprüfer Steuerberater, Frankfurt am Main

6         Die Prüfungspflichten im Einzelnen

6.1         Informationspflichten

Der Gewerbetreibende muss über sich (§§ 12, 12 a FinVermV) und über das Produkt (§§ 13, 15 FinVermV) informieren. Bei der Produktinformation stehen die Aufklärung über Risiken sowie Kosten und Nebenkosten im Mittelpunkt. Die Nennung von Interessenkonflikten dürfte nur ausnahmsweise relevant sein. Erfüllt werden die Informationspflichten durch Übergabe des Statusinformationsblattes sowie eines Informationsblattes über das Produkt und entsprechender Dokumentation. Die Praxis nutzt für die Produktinformation unterschiedliche Begriffe. Für offene Fonds wird die Bezeichnung „Wesentliche Anlegerinformationen“ verwendet (§ 164 KAGB). Gern wird auch die Abkürzung KID oder KIID benutzt. Diese steht für Key Investors (Information) Document. Geschlossene Fonds, die seit Geltung des KAGB (Mitte 2013) aufgelegt wurden, verwenden gem. 302 KAGB ebenfalls die wesentlichen Anlegerinformationen als Kurzinformation. Hingegen wird bei älteren geschlossenen Fonds und bei Vermögensanlagen vom Vermögensanlageninformationsblatt gesprochen. Die Prüfung ist relativ einfach, die inhaltlichen Angaben können anhand der gesetzlichen Anforderungen abgeglichen werden. Die Übergabe muss dokumentiert sein. Dies geschieht in der Regel im Beratungsprotokoll (bei Anlageberatung) oder in der Vermittlungsdokumentation.

6.2         Begrenzung der Werbung

Der Übergang von Informationspflichten zur Werbung ist fließend. § 14 Abs. 1 FinVermV verlangt sowohl für Informationen als auch für Werbemitteilungen, dass diese redlich sowie eindeutig sein müssen und nicht irreführend sein dürfen. Risikohinweise dürfen nicht relativiert oder anderweitig abgeschwächt werden. Ebenso unzulässig ist das Unterlassen von Angaben. Werbemitteilungen müssen als solche gekennzeichnet sein.

Zum Zwecke der Prüfung sollten insbesondere die selbst erstellten Unterlagen sowie die Website eingesehen werden. Werden Produkte von kleineren und wenig bekannten Emittenten ausgegeben, lohnt sich ebenfalls eine genauere Nachschau. Wird Informationsmaterial der bekannten Produktanbieter verwendet, kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass diese die Anforderungen der FinVermV erfüllen.

6.3         Geeignetheitstest und Angemessenheitstest

Der anspruchsvollste Teil der Prüfung gem. § 24 FinVermV verbirgt sich hinter § 16 FinVermV. Dort werden die drei Tätigkeitsformen des Finanzanlagenvermittlers und die damit verbundenen Pflichten beschrieben: Anlageberatung, Anlagevermittlung und beratungsfreie Vermittlung.

Die Anlageberatung ist, wie bereits ausgeführt, die aufwändigste Tätigkeit. Nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers hat der Finanzanlagenvermittler alle Informationen über Kenntnisse und Erfahrungen des Anlegers in Bezug auf Finanzanlagen, die Anlageziele des Anlegers und seine finanziellen Verhältnisse einzuholen, die erforderlich sind, um dem Anleger eine für ihn geeignete Finanzanlage empfehlen zu können.

Ziel ist also nicht, das beste Produkt zu empfehlen, sondern das Produkt, das sich am besten für den Anleger eignet. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich danach, ob

  1. die empfohlene Finanzanlage den Anlagezielen des Anlegers entspricht,
  2. die hieraus erwachsenden Anlagerisiken für den Anleger entsprechend seinen Anlagezielen finanziell tragbar sind und
  3. er die Anlagerisiken mit seinen Kenntnissen und Erfahrungen verstehen kann.

Will der Anleger keine Angaben über seine finanziellen Verhältnisse und seinen Kenntnissen und Erfahrungen machen, dürfen ihm keine Anlagen empfohlen werden.

Geschickte Vermittler weichen in solchen Konstellationen auf die Anlagevermittlung aus. In diesem Fall ist nur die Angemessenheit zu prüfen. Diese liegt dann vor, wenn der Anleger die Risiken, die mit der Anlage verbunden sind, verstehen und bewerten kann. Um zu diesen Schluss zu gelangen, sind entsprechende Informationen einzuholen. Ist der Anleger nicht bereit, bestimmte Kenntnisse und Erfahrungen offenzulegen, darf eine Vermittlung dennoch stattfinden, wenn der Vermittler darauf hinweist, dass die Vermittlung stattfindet, obwohl die Angemessenheit nicht geprüft werden konnte.

Weil hier ein Einfallstor für Anlegerbetrug vorhanden ist, müssen die Voraussetzungen für eine Anlagenvermittlung sauber geprüft werden. Wird der Anschein einer Anlagenberatung durch die Verwendung eines Geeignetheitstests oder eines Anlageberatungsprotokolls vermittelt, liegt keine Anlagevermittlung sondern eine Anlageberatung vor.

Die Prüfung der Geeignetheit erfolgt in der Praxis durch die Verwendung eines Formulars, das meist Anlegerprofil genannt wird. Auch die Bezeichnung WpHG-Bogen ist geläufig, weil das Formular erstmals im Wertpapierhandelsgesetz kodifiziert wurde. Teile dieses Formulars eignen sich auch für den Angemessenheitstest, soweit es sich auf die Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf bestimmte Finanzanlagen bezieht. Für den Geeignetheitstest müssen darüber hinaus auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie die Anlageziele abgefragt werden.

In der Praxis gibt es noch eine Unterform der Anlagevermittlung: die beratungsfreie Anlagevermittlung, häufig auch als „execution only“ bezeichnet. Dieser Begriff legt nahe, dass es sich hierbei um eine rein technische Ausführung eines Kundenwunsches handelt. Der Kunde verzichtet ausdrücklich auf sämtliche Beratung und namentlich auf den Angemessenheitstest.

Diese Form der Anlagevermittlung ist gem. § 16 Abs. 5 FinVermV auf offene Fonds, die in Wertpapieren investieren (OGAW) beschränkt. Sie ist für erfahrene Anleger vorgesehen. Nicht selten wird diese Form missbraucht, indem wenig erfahrene Anleger zu dieser Vermittlungsart gedrängt werden, nur um dem Vermittler Aufwand und Haftungsrisiko zu ersparen.

Aus der Vermittlungsdokumentation muss klar erkennbar sein, dass diese beratungsfreie Vermittlung auf Wunsch des Kunden zustande kam und dass die Vermittlung keinen Angemessenheitstest beinhaltet.

6.4         Offenlegung von Zuwendungen

Die Annahme von Vermittlungsprovisionen durch den Vermittler ist als Ausnahme von der Regel gestaltet. Provisionen dürfen prinzipiell nicht angenommen werden. In der Praxis ist dies umgekehrt, weil die meisten Vermittler ihre Einnahmen nahezu vollständig über die Provisionen beziehen. Das generelle Verbot gilt dann nicht, wenn die Zuwendungen ordnungsgemäß offen gelegt werden und die Interessen des Anlegers nicht verletzt werden (§ 17 FinVermV).

Die Pflicht zur Offenlegung hat das Ziel, den Anleger auf die Interessen des Vermittlers aufmerksam zu machen. Sie daher ein wichtiger Baustein des Anlegerschutzes. Dies gilt umso mehr, als eine Faustformel sagt, je höher die Vermittlungsprovision, desto risikoreicher ist eine Anlage.

Der Hinweis auf die Vermittlungsprovision muss eindeutig und berechenbar sein. Eine allgemeine Angabe, dass Provisionen bezogen werden, genügt nicht.

6.5         Beratungsprotokoll

Neben dem Geeignetheitstest ist im Falle der Anlageberatung das Führen eines Beratungsprotokolls die wichtigste Pflicht. Form und Inhalt sind in § 18 FinVermV dargelegt. Wer nur die Anlagevermittlung betreibt, muss kein Beratungsprotokoll führen.

Das Beratungsprotokoll dient dem Schutz des Anlegers aber auch des Vermittlers. Bei einem ordentlich dokumentierten Beratungsgespräch hat der Anleger im Falle einer unglücklichen Entwicklung der Finanzanlage keine Einrede mehr, er wäre nicht richtig aufgeklärt worden.

Das Protokoll muss nur vom Vermittler unterschrieben werden. Es empfiehlt sich jedoch, eine Unterschrift vom Anleger einzuholen. Nur dann schützt es auch den Vermittler.

Werden nur Anlagen vermittelt, bedarf es keines Beratungsprotokolls. In diesem Fall müsste dennoch eine Vermittlungsdokumentation vorliegen, die insbesondere aus dem Vermittlungsvertrag besteht. Aus diesem muss erkennbar sein, dass die Pflichten gem. §§ 12, 12a, 13, 16 Abs. 2 und 3 und 17 FinVermV eingehalten worden sind.

6.6         Weitere Pflichten

Weitere Pflichten betreffen Arbeitnehmer von Finanzanlagenvermittlern, diese müssen ebenfalls die Pflichten der §§ 11 bis 23 FinVermV einhalten. Dafür hat der Gewerbetreibende zu sorgen.

Die sehr wichtige Pflicht des Verbots der Annahme von Geld und Anteilen des Anlegers, ist in der Praxis schwer zu prüfen. Ein Blick in die Rechnungslegungsunterlagen könnte Erkenntnisse bringen. Werden entsprechende Hinweise im Rahmen der Prüfung erlangt, ist diesen nachzugehen.

Werden Zweigstellen unterhalten oder handelt es sich beim Gewerbetreibenden um eine Kapitalgesellschaft, müssen die Leitung dieser Institutionen und mögliche Wechsel angezeigt werden.

Damit die Einhaltung der Pflichten nachvollzogen werden können und sich die Schutzrechte sowohl für den Vermittler wie auch für den Anleger entfalten können, bestimmen §§ 22 und 23 FinVermV bestimmte Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten. Die Aufzeichnungspflichten werden implizit zusammen mit der Einhaltung der vorgenannten Plichten geprüft. Ob die Aufbewahrungsfrist eingehalten wird, lässt sich einfach nachvollziehen, indem Vorgänge aus den Jahren angefordert werden, die vor dem Prüfungszeitraum liegen.

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