Steuerberater for Future

Welchen Beitrag wir für eine nachhaltige Resourcennutzung leisten können

2019 geht vielleicht als das Wendejahr in die Geschichte der Klimapolitik ein. Zwar wurde bereits in den letzten 20 Jahren einiges für die Reduzierung der Treibhausgase getan. Das Ergebnis bleibt jedoch unbefriedigend. In Deutschland wurde eine durchaus bemerkenswerte Reduzierung um rund ein Drittel erreicht, doch das für 2020 angepeilte Niveau wird deutlich verfehlt werden. Zwei Dürresommer in Deutschland, reihenweise Hitzerekorde und das Absterben bedeutender Fichtenbestände haben ein neues Bewusstsein für die Brisanz des Themas geschaffen. Greta Thunberg, eine Jugendliche aus Schweden, hat mit der von ihr initiierten Bewegung Fridays for Future ebenfalls einen nicht unmaßgeblichen Einfluss auf die plötzliche politische Hektik ausgeübt.

Hebel in der Hand

Vielen sind die Diskussionen sowie die beschlossenen und zu erwartenden Maßnahmen überdrüssig. Andere fragen sich, was sie selbst dazu beisteuern können, die schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise einzudämmen. Gerade auch wir Steuerberater in unseren Kanzleien haben einen Hebel in der Hand, der mehr als nur symbolisches Handeln ermöglichen kann.

Streit um Klimawandel ist überflüssig

Nicht alle sind überzeugt, dass es überhaupt einen Klimawandel gibt. Es gab ja schon immer wärmere und kältere Zeiten. Aber was es noch nie gab: wärmere Zeiten auf der ganzen Erde gleichzeitig (vgl. Nature volume 571, S. 550–554 (2019). Das Eis taut im Norden und im Süden. Die Zunahme in der Häufigkeit und Heftigkeit der Hurrikane, Zyklone und Taifune verteilt sich rund um den Äquator. Vorhergehende Wärme- und Kälteperioden waren stets regionale Erscheinungen. Die Erkaltung des Nordens der Weltkugel ging meist einher mit einer Erwärmung des Südens und umgekehrt. Wenn es zu globalen Temperaturveränderungen kam, war die Geschwindigkeit sehr gering und in einem Menschenleben (wenn es dies denn schon gab) nicht erfahrbar. Andere Zweifel sind gegen die Ursachen gerichtet: ist der Mensch schuld oder ist es nur ein natürlicher Prozess? Eine nicht ganz banale Frage. Hätten diejenigen Recht, die sich für die letztere Alternative entscheiden, wären Maßnahmen zur Reduzierung des CO2 und anderer Treibhausgase nutzlos. Doch auch in dieser Frage ist sich die Wissenschaft nahezu einig: die Klimaerwärmung ist durch Menschen verursacht. Darüber hinaus gibt es weitere, weniger strittige doch genauso belastende Faktoren, die durch die übermäßige Nutzung der Ressourcen verursacht sind: Flächenverbrauch, Lärm, staubedingter Stress, Insektensterben, Plastik in den Weltmeeren und in unserer Nahrung. Egal, welches Etikett man seinem umweltbewussten Handeln anheften will: es lohnt sich auf jeden Fall etwas zu tun.

Zahlreiche Möglichkeiten für die Schonung der Umwelt

Auto dominiert

Welche Möglichkeiten bieten sich in einem Steuerbüro? Zu den big Points gehört sicherlich der Weg der Mitarbeiter in die Kanzlei. Auch wenn der eine oder andere Inhaber mit Hausschuhen von seiner Wohnung in die Kanzlei laufen kann, muss der Großteil der Berater und Mitarbeiter einen mehr oder weniger weiten Weg zurückzulegen. Dazu wird überwiegend das KfZ benutzt.

Arbeit zu den Menschen bringen

Jetzt wo alle rufen: mehr Bahn, mehr ÖPNV, mehr Fahrrad, wird eines übersehen: wir machen uns viele Gedanken, wie Menschen zur Arbeit, aber nur wenige, wie die Arbeit zu den Menschen gelangen können. Gibt es ein Naturgesetz, dass sich die Masse der Arbeitsplätze in den Innenstädten der Metropolregionen konzentrieren muss? Angesichts heutiger technischer und kommunikativer Möglichkeiten gibt es dazu keinen Grund. Viele Kanzleien haben dies bereits erkannt und ermöglichen immer häufiger ihren Mitarbeitern, aus der Ferne zu arbeiten. Dennoch bleibt noch riesiges Potenzial im wahrsten Sinne auf der Strecke, der täglichen zur Arbeit und zurück.

Mitarbeiterbindung und Umweltschutz

Ob solche Maßnahmen aus Umweltschutzgründen oder aus anderen Erwägungen umgesetzt werden, ist egal. Meist geht es um bessere Mitarbeiterbindung, Entlastung von Fahrtzeiten und Work-Life-Balance. Doch wenn beim Für und Wider abgewogen werden soll, ob Heimarbeit oder nicht, könnte der Umweltaspekt vielleicht die Entscheidung in die richtige Richtung lenken. Freilich wird kein Kanzleiinhaber einzig wegen des Umweltschutzes seine Mitarbeiter in die Heimarbeit schicken. Arbeitsprozesse, die Schnittstelle zu den Mandanten oder soziale Bedürfnisse sind zu heterogen, um Heimarbeit als Lösung vieler Probleme zu verstehen.

Technik muss stimmen

Voraussetzung für ein nahtloses Arbeiten ist die uneingeschränkte Verfügbarkeit von Technik, Hilfsmitteln und Dokumenten. Wer seine Kanzlei auf ein papierloses oder wenigstens papierarmes Arbeiten umgestellt hat, dürfte damit kein Problem haben. Die Fernanbindung an das Kanzleinetzwerks mittels einer geschützten Leitung war schon vor zehn Jahren ein eher banales Thema. Die Verfügbarkeit von digitalen Nachschlagewerken ist ebenfalls ein alter Hut. Die Einbindung in die Kanzleitelefonanlage ist ähnlich einfach umzusetzen, da heute ohnehin die Internettelefonie Standard ist.

Soziale Fragen sind die Herausforderungen

Schwieriger als die technischen Fragen sind die sozialen. Kann eine Kanzlei funktionieren, die im Extremfall nur Fernmitarbeiter hat? Lassen sich die Bedürfnisse an einen Arbeitsplatz, die bekanntlich über die materiellen Ansprüche hinausgehen, auf dieser Art und Weise befriedigen? Viele lösen diese Fragen, in dem sie nicht allen Mitarbeitern die Heimarbeit ermöglichen und den anderen nur einen Teil der Arbeitswoche als Heimarbeit zubilligen.

Schlechte und gute Erfahrungen

Die Erfahrungen mit Heimarbeit sind unterschiedlich. Von hervorragend bis zu das geht gar nicht, reicht die Palette der Antworten. Schaut man genauer hin, sind die Ursachen von schlechten Erfahrungen schnell identifiziert: Mitarbeiter haben keinen geeigneten Raum für ihre Arbeit. Kinder werden gar nicht extern betreut oder sind teilweise zu Hause wegen Krankheit, Ferien, Lehrermangel. Die Internetverbindung ist bescheiden, ein flüssiges Arbeiten dadurch erschwert. Die technische Ausstattung hinsichtlich Ergonomie sowie Bildschirmkapazität fällt gegenüber dem Büroarbeitsplatz zurück. Prinzipiell muss der Mitarbeiter für Heimarbeit geeignet sein. Das setzt ein selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten voraus und auch die erforderliche Disziplin, ohne der büroeigenen sozialen Kontrolle die geforderten Leistungen zu erbringen. Gelingt es, die Ansprüche der Mitarbeiter und des Kanzleiinhabers in Einklang zu bringen, hat dies nicht nur positive Auswirkungen auf die Produktivität der Kanzlei und auf die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern entlastet spürbar die Umwelt.

Workspaces als Alternative

Nicht jede Wohnung ist für Heimarbeit geeignet und nicht jeder Mitarbeiter möchte seine Arbeit allein verrichten. Eine Alternative sind die immer beliebter werdenden Workspace, also Büros, in denen Mitarbeiter unterschiedlicher Firmen und Freiberufler unter einem Dach arbeiten. Für uns Steuerberater gehört die Verschwiegenheit zu den wichtigsten Berufspflichten. Von daher sind solche Workspace nur mit Einschränkungen und zusätzlichen Maßnahmen nutzbar. Bei einem papierlosen Arbeiten halten sich solche Erfordernisse jedoch in Grenzen. Gerade wenn mehrere Mitarbeiter aus der gleichen Region kommen, kann sich auch die Anmietung von eigenen Büros lohnen. Diese sind in ländlichen Regionen deutlich günstiger zu bekommen als in den teuren Innenstadtlagen.

Pendelordner

Es soll ihn noch geben, aus der Zeit gefallen und doch nicht totzukriegen. Der Pendelordner. Wie der Name schon sagt, muss dieser pendeln. Meist auf dem Beifahrersitz oder der Rückbank eines Autos. Viele überflüssige Fahrten werden nur wegen ihm ausgeführt. Ein weiterer Grund sich davon zu verabschieden und auf zeitgemäße Technik umzusteigen.

Vorbild Finanzverwaltung

Die hessische Finanzverwaltung kann durchaus als Vorbild gelten. Sie hat bereits zahlreiche Funktionen von den Zentren auf ländliche Finanzämter verlagert. In Limburg wurde das landesweit erste so genannte Hessen-Büro eröffnet. Beschäftigte können bis zu zwei Tage pro Woche heimatnah im Hessen-Büro arbeiten und müssen so seltener in die weiter entfernte Dienststelle, das Finanzamt Hofheim, pendeln. Die kommenden zusätzlichen Aufgaben, die durch die Grundsteuerreform erzeugt werden, sollen ebenfalls in die Fläche verlagert werden. Dass für diese Aufgaben auch Steuerfachangestellte angeworben werden, macht uns allerdings weniger glücklich.

Papier ist teuer und umweltschädlich

Papier verursacht nicht nur enorme Kosten (Anschaffung, Aufbewahrung, Transport) sondern auch reichlich Umweltprobleme. Es beginnt mit den Bäumen, die dafür geopfert werden müssen. Die Verarbeitung der Zellulose zu Papier ist energie- und wasserintensiv. Es folgen Trocknung, Zuschnitt, Verpackung, Transport. Nicht zu unterschätzen ist das Drucken. Über die gesundheitlichen Folgen des Laserdruckens wird gestritten. Keine Zweifel gibt es darüber, dass der Toner giftige Schwermetalle enthält. Eine weitere Belastung ist der Hin-und-Her-Transport der bedruckten Papierbelege. Die Aufbewahrung der laufenden sowie der archivierten Belege verursacht Raum- und Energiebedarf.

Wir sind auf einem guten Weg

In Sachen Papierreduzierung sind wir schon auf einem guten Weg. Zig-Millionen von Steuererklärungen und Steueranmeldungen werden bereits elektronisch an die Finanzämter übermittelt. Immer häufiger kommen Unternehmen Online oder vergleichbare Portale zum Einsatz. Viele Kanzleien archivieren ihre Dokumente in Dokumentenmanagementsystemen. Dennoch türmen sich immer noch Papierberge in mit Aktenschränken vollgestopften Büros. Auch hier gibt es vielfältige Optimierungsmöglichkeiten, die nicht nur der Umwelt dienen.

Stromfresser Computer

Freilich sind auch die elektronischen Medien nicht per se umweltfreundlich. Vielmehr gelten Rechner, Peripherie, Server und insbesondere die großen Serverfarmen mit all den Cloud-basierten Lösungen als regelrechte Stromfresser. Doch das bisschen Papier, das wir elektronisch bewegen ist nichts gegen die Milliarden von YouTube-Aufrufen oder das massenhafte Streamen von hochauflösenden Spielfilmen oder Serien. Ein elektronisches Dokument zu speichern und auszudrucken ist jedenfalls zig-mal umweltschädlicher, als es nur zu speichern. Weil wir die Dokumente ja ohnehin elektronisch erzeugen und vorhalten, entsteht überhaupt keine Mehrbelastung der Ressourcen durch den Verzicht auf Papier.

Die Mittagspause

Die zunehmend beliebter werdenden Essensauslieferer klingeln längst auch regelmäßig in Kanzleien und laden Schachteln voller Mahlzeiten ab. Nach dem Essen türmen sich Pappschachteln, Plastikabfälle und Alu Assietten. Alternativen zu den Einwegbehältern sind rar, doch es gibt sie. Pizzaboxen, die wiederverwendet werden können oder Schüsseln für Salate und warme Speisen sowie Becher für einen Kaffee-to-go die praktisch keinen Müll mehr erzeugen. Rebowl und Recup sind Beispiele für Unternehmen, die solche Lösungen anbieten. Nerven Sie Ihre Lieferanten und fragen Sie stets nach wiederverwertbaren Verpackungen. Irgendwann erhört er Sie und der Müll ist passe.

Plastik vermeiden

Überhaupt sollte kritisch nachgeschaut werden, wo Plastik und anderer potenzieller Müll vermieden werden kann. Müssen es unbedingt billige Plastikkugelschreiber sein, die massenhaft verteilt werden? Brauchen wir einzeln verpackte Kekse und Zucker sowie portionierte Kaffeemilch? Sind Klarsichthüllen wirklich unverzichtbar?

E-Mobilität

Die vielfältigen Bemühungen der Industrie und der Politik werden Früchte tragen. Der Anteil der E-Fahrzeuge wird deutlich zunehmen. Gelingt es, noch mehr Strom umweltfreundlich zu erzeugen, und auch für die Batterietechnik weniger belastende Rohstoffe und Verfahren zu finden, können E-Autos tatsächlich zur Entlastung der Umwelt beitragen. Lärmmindernd wirken sie auf jeden Fall. Viele Kanzleien haben ein Kanzleifahrzeug. Warum zukünftig nicht mit E-Motor? Andere stellen ihren Mitarbeitern (z.B. gegen Lohn(erhöhungs)verzicht) einen PKW zur Verfügung. Auch hier könnte die elektrische Variante nicht die schlechteste Wahl sein. Oder was ist mit Ihrem Parkplatz? Haben Sie bereits daran gedacht, dass zukünftig immer mehr Mandanten mit einem E-Fahrzeug anreisen und sich über das Vollladen während des Mandatsgesprächs freuen würden? Auch bei den Mitarbeitern würde sich die Akzeptanz für das E-Fahrzeug dadurch deutlich erhöhen.

Nachhaltigkeitsrichtlinie der EU

Die EU-Kommission hat einen Entwurf für eine Richtlinie vorgelegt, der im Ergebnis per Gesetz eine nachhaltigere Unternehmenspolitik erzwingen soll. Die Richtlinie zielt darauf ab, Kapitalmarktinstrumente mit Nachhaltigkeitskriterien zu bewerten. Es ist bereits heute zu beobachten, dass Aktien oder Unternehmensanleihen eine schlechtere Entwicklung zeigen, wenn die emittierenden Unternehmen sich nicht an die noch freiwilligen ESG-Vorgaben (Environmental and Social Governance, zu Deutsch: Umwelt und gesellschaftliche Unternehmensführung) halten. Zwar werden die wenigsten Kanzleien börsennotierte Unternehmen betreuen, dafür jedoch den einen oder anderen Zulieferer und Subzulieferer. Diese werden selbstverständlich ebenso in das ESG-Regime einbezogen. Andere Unternehmen sind bereits aus Image- und Marketinggründen auf eine nachhaltige Unternehmenspolitik angewiesen. Die zunehmende Sensibilisierung der Kunden wird diese Anforderungen noch steigern.

Beratungsansatz

Wenn Sie sich mit Nachhaltigkeitsthemen befassen, um Ihre Kanzlei zu optimieren, liegt es nahe, Ihr Knowhow auch auf Mandanten zu übertragen. Jedenfalls ist dieses Thema gut geeignet, einen spannenden Mandantenabend zu gestalten.

Fazit

Wer nicht nur diskutieren will, wer sich nicht nur in Verteidigungsposition begeben will, um seinen SUV zu rechtfertigen, hat vielfältige Möglichkeiten aktiv einzugreifen. Nicht notwendig ist ein konsistentes Verhalten in allen Bereichen. Großes Auto, Flugreisen, tropische Früchte sollten zwar kritisch betrachtet werden, können aber weiterhin genossen werden, wenn an anderer Stelle nachhaltig gehandelt wird. Dabei sollten allerdings mehr als nur symbolische Aktionen entstehen. Verringerung der Fahrten der Mitarbeiter, weniger Papier und Plastik sind richtige Ansätze. Ihnen und Ihren Mitarbeitern werden noch mehr Möglichkeiten einfallen, etwas Gutes zu tun, um die Klimakrise abzumildern.